Sehr geehrte Pressevertreter*innen, Liebe Interessierte,
anlässlich des Christopher Street Days warnt die queere Jugendorganisation diversity München e.V. vor einem zunehmend feindlichen Klima gegenüber queeren jungen Menschen. Diskriminierung, psychische Belastung und Gewalt sind laut Studien allgegenwärtig – sichere Räume und strukturelle Förderung daher unerlässlich. Damit das Jugendzentrum auch barrierefrei und bedarfsgerecht genutzt werden kann, drängt der Verein auf die vollständige Nutzbarmachung des Erdgeschosses in der Blumenstraße 11 und eine dauerhafte Finanzierung der Café-Koordinationskräfte, um den offenen Treffpunkt für rund 250 queere Jugendliche pro Woche zu erhalten. Trotz des raueren Klimas setzt sich der Verein mit dem Bildungsprojekt diversity@school zudem weiter an Münchens Schulen für Aufklärung, Akzeptanz und Gewaltprävention ein.
Die Pressemitteilung als Volltext sowie zum Download finden Sie weiter unten. Ebenfalls sind dort Pressebilder für Ihre Berichterstattung bereitgestellt.
Für Rück- oder Interviewanfragen steht ihnen der Presserefent Herr Dario Ponto gerne zur Verfügung.
Volltext Pressemitteilung
Anlässlich des diesjährigen Christopher Street Days (CSD) macht die queere Jugendorganisation diversity München e.V. auf das zunehmend rauer werdende gesellschaftliche Klima gegenüber queeren Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufmerksam. Studien belegen: Queere junge Menschen erleben signifikant mehr Diskriminierung, psychische Belastungen und Gewalt als ihre heteronormativen Altersgenossen. Die „How are you?“-Studie des Bayerischen Jugendrings (BJR) zeigt, dass 94 % der befragten queeren Jugendlichen Diskriminierung im Alltag erleben – vor allem in Schule, Familie und Freizeit. Laut EU-Grundrechteagentur (FRA) meiden 67 % der jungen queeren Menschen öffentliche Handlungen der Zuneigung aus Angst vor Anfeindungen. Diverse Studien der letzten 20 Jahre zeigen: Queere Jugendliche haben ein signifikant höheres Risiko für depressive Symptome, Suizidgedanken und Isolation.
„In diesem gesellschaftlichen Klima brauchen queere Jugendliche mehr denn je sichere Räume, verlässliche Strukturen und politische Rückendeckung“, sagt Ju Hofer, Vorständ*in von diversity München e.V. anlässlich des CSD München. Die queere Jugendorganisation betreibt seit vielen Jahren einen einzigartigen Jugendtreff von und für queere Jugendliche – niedrigschwellig, selbstverwaltet und mit großer Wirkung. Doch dafür braucht es Räume. Das erkannte der Münchner Stadtrat bereits 2020 und erweiterte die Räume des Jugendzentrums um das Erdgeschoss in der Blumenstraße, um zusätzliche Kapazitäten für das Bildungsprojekt diversity@school zu schaffen. Für eine sinnvolle Nutzung der Räume braucht es jedoch mehr Engagement der Landeshauptstadt. „Aktuell können wir das Erdgeschoss aufgrund baurechtlicher Vorgaben nur als Büroräume nutzen und das 1. OG als Jugendzentrum. Dabei ließe sich im Erdgeschoss ein barrierefreier Zugang einfach herstellen.“ erklärt Jule Rönitz, ebenfalls Vorständ*in bei diversity München e.V. „Im Erdgeschoss könnten sich dann sogar zwei Jugendgruppen treffen, was unserem stark gewachsenen Angebot Rechnung tragen würde.“ ergänzt Hofer.
Denn auch der zweite Standort der Jugendorganisation – das diversity Café – ist gut ausgelastet. Im diversity Café bietet der Verein an vier Tagen in der Woche einen queer-sensiblen Ort zum Ankommen, Austauschen und Aufatmen – dort wo queere Jugendliche so sein dürfen wie sie sind. Aktuell nutzen ca. 250 Jugendliche in der Woche das diversity Café und diversity Bar Angebot. „Bei uns im Café können unsere Besuchenden chillen, lernen, arbeiten, daten, feiern oder neue Leute kennenlernen – ganz ohne Konsumzwang“, verrät Philipp Agostini, das dritte und letzte Vorstandsmitglied von diversity München e.V. Das Caféangebot finanziert die Jugendorganisation derzeit aus Spenden und Projektmitteln, doch diese werden in wirtschaftlich prekären Zeiten immer knapper. Daher sollen die Café-Koordinationskräfte, die das Angebot aktuell aufrechterhalten, nun in die Regelförderung der Stadt München übergehen. „Wenn die Kosten für die Café-Koordinationskräfte nicht in die Regelförderung der Stadt München übergehen, müssen wir dieses wichtige Angebot aufgeben“, warnt Ju Hofer.
Doch nicht nur die finanzielle Situation bereitet dem Verein Sorgen, auch die gestiegene Gewalt gegen queere Menschen in Bayern und die jüngsten Hassbotschaften an Community-Organisation lässt das Team von diversity München aufmerksam werden. So vermeldet die Fachstelle Strong! einen Anstieg von queerfeindlichen Gewalttaten in Bayern um 81% im Vergleich zu 2022. Die Polizei München schätzt dabei die Dunkelziffer auf über 90%. Auch deswegen wird die Jugendorganisation in Zukunft verstärkt sowohl bauliche als auch organisatorische Maßnahmen ergreifen, um ihre Besucher und Räume vor Übergriffen zu schützen. „Hier sind wir sehr froh über die Unterstützung der städtischen Koordinierungstelle zur Gleichstellung von LGBTIAQ* unter Leitung von Andreas Unterforsthuber“, lobt Philipp Agostini. Für die anstehenden baulichen Gewaltschutzmaßnamen hat die Städtische Verwaltung bereits finanzielle Unterstützung angekündigt. Doch auch präventiv möchte sich diversity München mit seinem Bildungsprojekt diversity@school weiterhin engagieren: „Auch wenn die Bayerische Staatsregierung weiterhin keinen Handlungsbedarf sieht, die Situation für queere Schüler*innen zu verbessern, werden wir weiterhin in München und im Umland an Schulen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt sichtbar machen und Diskriminierung entgegenstehen“ sagt Jule Rönitz, neben der Vorstandstätigkeit auch Referent*in bei diversity@school. Die bayerische Staatsregierung hatte am 05. Juni einen Zwischenstand zum von Markus Söder versprochenen Aktionsplan Queer veröffentlicht, wonach die einzige Maßnahme zur Prävention von Diskriminierung und Gewalt in bayerischen Schulen die Aufrechterhaltung einer bereits bestehenden Kooperation mit einem schwulen Comedian sein soll. Dies wurde von vielen Teilnehmenden des Beteiligungsverfahrens als Schlag ins Gesicht wahrgenommen, da diese viele Vorschläge gemacht hatten, die von der Staatsregierung und dem Bildungsministerium nun ignoriert wurden.
Für das Team von diversity München e.V. steht jedenfalls fest: Queere Jugend- und Bildungsarbeit muss grade in Krisenzeiten ausgebaut und nicht eingespart werden. Jugendarbeit biete einen Ort des Empowerments, der Resilienz und Selbstbestärkung queerer Jugendlicher. Bildungsarbeit wirkt präventiv, schafft Aufklärung und baut Vorurteile ab – gerade in Schulen, Jugendzentren und Ausbildungsbetrieben. Denn queere Jugendliche brauchen mehr als bunte Fahnen – sie brauchen konkrete Maßnahmen, die ihnen Schutz, Sicherheit und Perspektiven geben. Zum CSD 2025 ruft diversity München deshalb alle Demokrat*innen dazu auf, queere Jugend- und Bildungsarbeit nicht nur sichtbar, sondern strukturell abzusichern – gegen rechte Hetze, für eine vielfältige Zukunft.
Pressebilder
Die zur Verfügung gestellten Pressebilder können gerne unter Angabe des Fotografen "Tomy Whey" zur Berichterstattung über diversity München genutzt werden.