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Pressemitteilung Vereint gegen Queerfeindlichkeit! Vereint gegen rechts!
Sehr geehrte Pressevertreter*innen, Liebe Interessierte,
unter dem Motto des diesjährigen Christopher Street Days (CSD) in München „Vereint in Vielfalt – Gemeinsam gegen rechts“ gehen wir am 22. Juni 2024 gemeinsam und solidarisch auf die Straße! Gegen Rechtsruck, gegen Behindertenfeindlichkeit, gegen Rassismus, gegen Antisemitismus und – ja, natürlich auch – gegen Queerfeindlichkeit und für gleiche Rechte! Denn ein Nie wieder! kann es nicht geben, solange es ein immer noch gibt:
Schutz der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität ins Grundgesetz
Nie wieder Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität. Doch immer noch fehlt im Artikel 3 des Grundgesetzes das Benachteiligungsverbot aufgrund der sexuellen (und geschlechtlichen) Identität. Damit sind queere Menschen bis heute die einzige unter der Verbrechensherrschaft der Nationalsozialisten verfolgte Gruppe, der dieser Schutz vorenthalten wird.
Schutz vor verstümmelnden Genitaloperationen
Nie wieder verstümmelnde Operationen an inter* Personen ohne Einwilligung, ohne Aufklärung und unter Zwang. Doch immer noch gibt es trotz des Risikos lebenslanger Schmerzen, von Unfruchtbarkeit, lebenslanger Traumatisierung oder eines gesetzlichen Verbots kosmetische und medizinisch völlig unnötige Operationen an zwei- bis dreijährigen Kleinkindern – nur damit die Genitalien des Kindes „normal“ aussehen. Deswegen wird es höchste Zeit, das Verbot von kosmetischen Operationen an den Genitalien bei Kindern mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung durchzusetzen und so fortzuentwickeln, dass es nicht von Ärzt*innen und Eltern durch Vortäuschen einer anderen Diagnose umgangen werden kann.
Stärkung des Ehrenamts
„Nie wieder!“ – dafür setzen wir uns jeden Tag aufs Neue ein. Ehrenamtlich. Unentgeltlich. Doch immer noch, heißt es: „Das ist Ihr Privatvergnügen. Darauf können wir keine Rücksicht nehmen“, wenn wir versuchen, Ehrenamt mit Schule, Ausbildung oder Beruf zu vereinen. Nein! In einem freiheitlichen und demokratischen Staat zu leben ist kein Privatvergnügen. Es ist für uns (über-)lebenswichtig wie uns das Erstarken rechter Tendenzen in der sogenannten Mitte der Gesellschaft und ein Blick in Länder zeigt, in denen Homosexualität immer noch mit der Todesstrafe geahndet wird. Daher muss ehrenamtliches Engagement für queere Rechte – und damit für Demokratie – möglich gemacht und honoriert werden. Auch deswegen müssen queere Organisationen finanziell in die Lage versetzt werden, Aufwandsentschädigungen an ihre Ehrenamtlichen zu zahlen, damit das Ehrenamt für alle zugänglich sein kann – und nicht nur für die, die es sich leisten können.
Sie möchten mehr über unsere Forderungen erfahren? Angehangen finden Sie außerdem die komplette Liste unserer Forderungen. Gerne stehen wir Ihnen für ein Interview, ein Hintergrundgespräch oder einen O-Ton zur Verfügung!
Schreiben Sie an info@diversity-muenchen.de oder rufen Sie uns an unter 089/55266986.
Mit freundlichen Grüßen
Philipp Agostini, Ju Hofer, Dario Ponto, Jule Rönitz und Lysander Wöhler
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Unsere Politischen Forderungen
Unsere politischen Forderungen haben wir als selbstverwaltete Jugendorganisation gemeinsam mit queeren Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus München und ganz Bayern in einem partizipativen Prozess entwickelt.
Rechtliche Gleichstellung
Wir fordern die Regierungen auf, mit der vollständigen rechtlichen Gleichstellung queerer Personen die Voraussetzungen auch für eine vollständige gesellschaftliche Gleichstellung zu schaffen. Insbesondere fordern wir
● die Bundesregierung auf, die Änderung des eigenen Geschlechts und Vornamens allein durch Erklärung gegenüber öffentlicher Stelle zu ermöglichen (s.g. Selbstbestimmungsgesetz).
● den Deutschen Bundestag auf, den Diskriminierungsschutz im Grundgesetz um die sexuelle und geschlechtliche Identität zu erweitern.
● die bayerische Staatsregierung auf, unter Einbeziehung von Communitystrukturen Fortbildungen zu entwickeln, um gegen Diskriminierung durch Behörden, die Polizei und andere Staatsbedienstete (sei es gewollt oder unabsichtlich) vorzugehen.
● die Bundesregierung auf, das Abstammungsrecht umfassend zu modernisieren und dabei insbesondere
● die Bundesregierung auf, die längst überfällige, vollständige und adäquate Rehabilitierung der nach § 175 Verurteilten nachzuholen.
● die Regierungen des Bundes und der Länder auf, die Verfolgung aufgrund der sexuellen oder geschlechtlichen Identität ausnahmslos als Flucht-/ Asylgrund anzuerkennen und queere Geflüchtete (z. B. in Unterkünften) besonders zu schützen.
● die Bundesregierung auf, die strukturelle Benachteiligung von queeren Personen (bspw. Gay Wage Gap) stärker zu untersuchen und Maßnahmen gegen sie zu treffen.
Gesellschaft
Für eine offene, demokratische und vielfältige Gesellschaft braucht es nicht nur politische Maßnahmen, sondern auch eine entsprechende Haltung von Unternehmen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und jeder einzelnen Person. Daher fordern wir
● geschlechtergerechte und inklusive Sprache im
öffentlichen Raum.
● einen respektvollen Umgang mit queerer Kultur und queeren Personen zu wahren, bei dem nicht nur Gewinnmaximierung im Mittelpunkt steht, sondern auch der LGBTIAQ*-Community etwas zurückgegeben wird.
● geschlechtergerechte Toiletten in öffentlichenGebäuden.
● Überschneidungen von Queerness mit Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, migrantischen Biografien Black, Indigenous, and People of Color, soziale Herkunft, Religion, Fluchterfahrungen, Rosa im Alter, und jegliche Arten von Behinderung anzuerkennen und aktiv mitzudenken.
● alle auf, sich gegen Diskriminierung (Fatshaming, Fetischisierung, Rassismus, etc.) innerhalb der Community zu stellen.
Gesundheit
Wir fordern die Bundesregierung auf, die eklatante Unterversorgung und Benachteiligung queerer Personen in/bei der Gesundheitsversorgung umfassend zu evaluieren und Gegenmaßnahmen zu treffen. Insbesondere fordern wir
● einen unbeschränkten, selbstbestimmten und kostenlosen Zugang zu geschlechtsangleichenden Operationen für alle trans*, nicht-binären und inter* Personen sicherzustellen.
● sogenannte „Konversionstherapien“ vollständig zu verbieten.
● medizinisch nicht-notwendige geschlechtsnormierende Operationen an Kindern unter 12 Jahren unabhängig der gestellten Diagnose zu verbieten.
● queere Lebensrealitäten sowie diskriminierungskritische Haltung in der Aus- und Weiterbildung von medizinischem und psychologischem Fachpersonal strukturell zu verankern.
Jugendhilfe
Wir fordern die Kommunen und die bayerische Staatsregierung auf, queere Jugendliche und junge Erwachsen als besonders von Queerfeindlichkeit betroffene Gruppe mit eigenen Bedarfen anzuerkennen und der Jugendhilfe als staatliche Aufgabe auch gegenüber queeren Jugendlichen und jungen Erwachsenen nachzukommen. Insbesondere fordern wir
● die bayerische Landesregierung auf, eine Kompetenzstelle für die Bedarfe queerer Personen in der Jugendhilfe einzurichten.
● die Kommunen auf, niederschwellige Angebote für queere Jugendliche und junge Erwachsene in den bereits bestehenden Strukturen der offenen Kinder- und Jugendhilfe auch im ländlichen Raum anzubieten.
● die Kommunen auf, betreute Wohnformen, Unterkünfte und Schutzstellen für queere Jugendliche und jungeErwachsene zu schaffen, bzw. die bereits existierenden Institutionen LGBTIAQ*-sensibel umzugestalten.
● die Kommunen auf, die Wohnungsnot queere Jugendlicher und junger Erwachsener durch mehr LGBTIAQ*-Wohnprojekte zu lindern.
● die Förderung von Angeboten für queere Jugendliche und junge Erwachsene, deren Identitäten über LGBT* hinausgehen.
● Jugendliche als Expert*innen ihrer eigenen Lebensrealität anzuerkennen und sie konsequent in alle Entscheidungen in Einrichtungen, Trägern und Kommunen einzubeziehen.
Schule
Wir fordern die bayerische Staatsregierung auf, unter Beteiligung von Communitystrukturen auf Augenhöhe, ein umfassendes Konzept zur Verhinderung queer-feindlicher Diskriminierung und Berücksichtigung queerer Perspektiven im Handlungsfeld Schule zu erarbeiten. Insbesondere fordern wir
● die Einrichtung (zumindest einer) geschlechtsneutraler Toiletten an jeder Schule.
● die Ansprache von Schüler*innen mit dem selbstgewählten Namen und Geschlecht.
● die strukturelle Verankerung queerer Themen im Lehrplan (z. B. in den Fächern Deutsch, Englisch, Geschichte, Politik).
● die Verankerung queerer Lebensrealitäten sowie von Maßnahmen zum Umgang mit (intersektionaler) Diskriminierung in der Aus- und Weiterbildung von Lehrer*innen.
● die Einrichtung einer Beratungsstelle für Schulen, mit der personellen Ausstattung die konkrete Umsetzung des Maßnahmenplans in den Schulen zu unterstützen.
● die Einrichtung einer unabhängigen, von der Staatsregierung finanzierten Beschwerde- und Beratungsstelle für Schüler*innen, Eltern und Lehrer*innen.
● die bedarfsgerechte, langfristige Förderung queerer Aufklärungsprojekte durch das Land. Vor allem muss die Finanzierung von Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Referent*innen sichergestellt werden.
Communitystrukturen
Wir fordern die Kommunen, die bayerische Staatsregierung und die Bundesregierung auf, queere Strukturen und Angebote endlich bedarfsgerecht und nachhaltig zu finanzieren. Insbesondere fordern wir
● die Finanzierung von Communitystrukturen an die aktuelle Inflation anzupassen, um einen drohenden Wegfall von Angeboten zu verhindern.
● die Anpassung von Förderrichtlinien, sodass auch ehrenamtlichen Peer-Expert*innen angemessene Aufwands-entschädigungen gezahlt werden können.
Pressebilder
Gerne können sie die Pressebilder unter Angabe der Quelle "diversity München e.V./ Tomy Whey" nutzen.