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Unsere politischen Forderungen

Lies hier unsere politischen Forderungen nach!

In den vergangenen zwölf Monaten seit dem letzten Christopher-Street-Day (CSD) in München hat sich auf politischer Ebene viel getan: Eine neue Bundesregierung wurde gewählt, der erste Queer-Beauftragte der Bundesregierung hat sein Amt angetreten und viele der im vergangenen Jahr noch geltenden Corona-Regelungen wurden gelockert, sodass auch der CSD in diesem Jahr wieder in alter Größe stattfinden kann. Diese zurückgewonnene Energie wollen wir von diversity auch in diesem Jahr wieder nutzen, um weiterzukämpfen, denn auch wenn sich Vieles verbessert hat, bleibt noch mindestens genauso viel zu tun! Deshalb fordern wir:

  • Wir fordern Lehrende, Schulleitungen, Ausbildungsbetriebe und die Regierung dazu auf, sich aktiv mit der Diskriminierung von LGBTIAQ*-Personen an Schulen und Bildungseinrichtungen auseinanderzusetzen und eine darauf spezialisierte Antidiskriminierungsstelle beim Referat für Bildung und Sport anzusiedeln
  • Wir fordern verpflichtende Fortbildungen zum Thema LGBTIAQ* für Lehrkräfte und Erzieher*innen sowie qualifizierte LGBTIAQ*-Beauftragte an Schulen
  • Wir fordern die finanzielle Unterstützung queerer Aufklärungsprojekte durch das Land
  • Wir fordern die Möglichkeit, den eigenen Vornamen und Geschlechtseintrag selbstbestimmt, ohne Hürden, Gutachten oder biologische Nachweise ändern zu können, verbunden mit der Abschaffung des Transsexuellengesetzes und einer Anpassung des Personenstandsgesetzes. (Dabei muss das Offenbarungsverbot weiterhin gegeben sein.)
  • Wir fordern konsequent geschlechtergerechte und inklusive Sprache samt Auswahlmöglichkeiten im öffentlichen Raum
  • Wir fordern geschlechtergerechte Toiletten in öffentlichen Gebäuden
  • Wir fordern in Geburtsurkunden den Eintrag “Elternteil” statt “Mutter” und “Vater”, um queere Familiengründung zu unterstützen
  • Wir fordern uns selbst und die Community auf; Überschneidungen mit Themen wie Geschlechtergerechtigkeit, migrantischen Biografien, People of Color, soziale Herkunft, Religion, Fluchterfahrungen, Rosa im Alter, und jegliche Arten von Behinderung mitzudenken
  • Wir fordern mehr Akzeptanz und Angebote auch für queere Identitäten die über LGBT* hinausgehen
  • Wir fordern alle auf, sich gegen Diskriminierung innerhalb der Community zu stellen
  • Wir fordern Aufklärung bei Mediziner*innen sowie LGBTIAQ* als verpflichtendes Querschnittsthema im Lehrplan des Medizinstudiums
  • Wir fordern die Vertuschung „geschlechtszuweisender“ medizinischer Maßnahmen an inter* Kindern unter dem Deckmantel medizinisch notwendiger Eingriffe juristisch zu verfolgen
  • Wir fordern einen respektvollen Umgang mit der Geschlechtsidentität von trans* und nicht-binären Personen in medizinischen, insbesondere psychiatrischen Einrichtungen
  • Wir fordern das vollständige Verbot sogenannter „Konversionstherapien“ unabhängig von Alter und Einwilligung
  • Wir fordern die Kostenübernahme geschlechtsangleichender Maßnahmen für alle durch Krankenkassen auch unabhängig möglicher anderer Diagnosen
  • Wir fordern individuelle Transitionswege (ohne zwingende Reihenfolge, Therapie und diskriminierende Praktiken) nach aktuellem Stand der Wissenschaft
  • Wir fordern, die Schaffung spezieller Schutzangebote bei medizinischen Einrichtungen, bei denen queere Personen besonders vulnerabel sind (bspw. queere Sprechzeiten bei Gynäkolog*innen oder queersensible Praxen)
  • Wir fordern die Schaffung queerer betreuter Wohnformen, Unterkünfte und Schutzstellen sowie die bereits existierenden Institutionen LGBTIAQ*-sensibel umzugestalten
  • Wir fordern LGBTIAQ*-Wohnen für Jugendliche und junge Erwachsene
  • Wir fordern das Eintreten der Regierung für den Schutz von queeren Geflüchteten (insb. aufgrund der rechtlichen Lage; egal, ob jene Handlungen aktiv strafverfolgt werden oder nicht)
  • Wir fordern den expliziten Schutz der sexuellen Orientierung und geschlechtlicher Identität im Grundgesetz
  • Wir fordern einen Landesaktionsplan gegen Queerfeindlichkeit
  • Wir fordern die Schulung aller Mitarbeiter*innen des öffentlichen Bereichs zu queeren Themen (insbesondere Polizei, Richter*innen und öffentliche Verwaltung)
  • Wir fordern den respektvollen Umgang mit queerer Kultur und queeren Personen, bei dem nicht nur Gewinnmaximierung im Mittelpunkt steht, sondern auch der LGBTIAQ*-Community etwas zurückgegeben wird
  • Wir fordern, dass die strukturelle Benachteiligung von queeren Personen (bsp. Bezahlung) stärker untersucht wird und Maßnahmen gegen sie getroffen werden

Im Jahr 2022 gehört Diskriminierung, insbesondere gegen LGBTIAQ*-Personen, traurigerweise noch immer zum Alltag an Bildungseinrichtungen. Wir fordern daher Lehrende, Schulleitungen, Ausbildungsbetriebe und die Regierung dazu auf, sich aktiv mit der Diskriminierung von LGBTIAQ*-Personen an Schulen und Bildungseinrichtungen auseinanderzusetzen und eine darauf spezialisierte Antidiskriminierungsstelle beim Referat für Bildung und Sport anzusiedeln. Nur in Zusammenarbeit mit den Schulen und der Regierung können Schüler*innen, Auszubildende und Studierende vor Diskriminierung geschützt werden!

Um diesen Schutz gewährleisten zu können, müssen Lehrkräfte und Erzieher*innen zuerst selbst mit dem Thema LGBTIAQ* vertraut sein, und so fordern wir verpflichtende Fortbildungen zu diesem Thema sowie qualifizierte LGBTIAQ*-Beauftragte an Schulen.

Mit jedem Jahr erreichen unser Aufklärungsprojekt diversity@school mehr und mehr Anfragen von Schulen, die Aufklärungsworkshops über queere Themen anfragen. Dem großen Andrang ist von unserer ehrenamtlichen Seite nur noch schwer nachzukommen und besonders auf dem Land fehlt es immer mehr an LGBTIAQ*-Aufklärungsarbeit. Wir fordern daher die Regierung des Freistaats Bayern dazu auf, besser Finanzierungsmöglichkeiten für queere Aufklärungsprojekte zur Verfügung zu stellen!

Doch nicht nur Jugendlichen und jungen Erwachsenen fehlt es an Wissen zu queeren Themen. Auch Mediziner*innen müssen bessere Aufklärungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen! Als Querschnittsthema müssen die Belange der LGBTIAQ*-Community daher bereits in den Lehrplan des Studiums aufgenommen werden, um die zukünftigen Generationen von Mediziner*innen auf die Lebensrealitäten ihrer Patient*innen vorzubereiten. Mit diesem Wissen kann darüber hinaus ein respektvoller Umgang mit der sexuellen Orientierung und insbesondere der Geschlechtsidentität von trans* und nicht-binären Menschen geschaffen werden, denn besonders in psychiatrischen Einrichtungen ist dies oftmals noch immer nicht der Fall. Auch spezielle Schutzangebote wie queere Sprechzeiten bei Gynäkolog*innen oder queersensible Praxen, die für unsere Community unbedingt geschaffen werden müssen, werden durch dieses Wissen ermöglicht.

Wenn sich in den vergangenen Jahren im medizinischen Bereich auch bereits etwas ins Rollen gekommen ist und sowohl „geschlechtszuweisende“ Maßnahmen an inter* Kindern sowie teilweise auch „Konversionstherapien“ vom Gesetzgeber verboten wurden, besteht hier weiterhin Handlungsbedarf! Bis heute werden verstümmelnde Operationen an inter* Kindern unter dem Deckmantel der medizinischen Notwendigkeit vorgenommen und „Konversionstherapien“ für Volljährige und unter Einwilligung angeboten. Wir fordern, dass diese menschenverachtenden Praktiken endlich ein Ende haben können, damit queere Menschen in Freiheit und Einklang mit ihrer eigenen Identität und ihrem Körper leben können.

Auch in Bezug auf das noch geltende Transsexuellengesetz ist in diesem Jahr endlich Bewegung in die Diskussion gekommen. Wir begrüßen den Vorschlag der Ampelkoalition und fordern, diesen so schnell wie möglich umzusetzen, damit junge Erwachsene endlich selbstbestimmt und ohne Hürden und Gutachten ihren Geschlechtseintrag ändern und in Würde leben können.

Doch das Ersetzen des Transsexuellengesetzes durch ein Selbstbestimmungsgesetzt reicht nicht aus: Die persönliche Geschichte und das Wohlbefinden jeder trans* und nicht-binären Person ist anders, und so müssen auch die Transitionswege, bspw. in ihrer Reihenfolge und der Notwendigkeit von Therapie, auf die einzelne Person abgestimmt werden, denn kein Mensch gehört in ein Raster gezwängt! Diese individuellen Transitionswege müssen sich allerdings immer am aktuellen Stand der Forschung und nicht an veralteten Gesetzesauflagen orientieren. Dazu gehört weiter, dass auch Menschen mit weiteren psychologischen Diagnosen eine Kostenübernahme für geschlechtsangleichende Maßnahmen durch ihre Krankenkasse zustehen muss. Dem Leid von trans* und nicht-binären Menschen muss endlich ein Ende gesetzt werden!

Einen großen Beitrag dazu stellt auch die konsequente Verwendung geschlechtergerechter und inklusiver Sprache dar, mit der trans* und nicht-binären Menschen mit Respekt entgegengetreten werden kann. Doch nicht nur auf sprachlicher Ebene muss diesen Individuen Raum geschaffen werden; auch im öffentlichen Raum fordern wir, endlich der Grundgesetzänderung nachzukommen und geschlechtergerechte Toiletten zur Verfügung zu stellen, um die Bedürfnisse aller Geschlechter zu erfüllen.

Im städtischen Raum stellen jedoch nicht nur Toiletten viele Mitglieder unserer Community vor Probleme, auch die Wohnungssuche ist für viele queere Menschen aufgrund von Diskriminierung noch immer ein großes Problem. Daher fordern wir von diversity die Schaffung von mehr betreuten queeren Wohnformen, Unterkünften und Schutzstellen sowie die LGBTIAQ*-sensible Umgestaltung existierender Institutionen. Da dieses Problem allerdings nicht mit der Volljährigkeit aufhört, müssen staatliche Institutionen endlich verstärkt queeres Wohnen für junge Erwachsene aber auch für Jugendliche zur Verfügung stellen, damit die Kette zwischen Queer-Sein und Armut endlich gebrochen wird!

Leider findet Diskriminierung nicht nur auf dem Wohnungsmarkt und im öffentlichen Bereich statt, sondern hat schon längst ihren Weg in unsere Community gefunden. Zum CSD, zu dem wir alle als queere Gemeinschaft zusammenkommen, fordern wir von der gesamten LGBTIAQ*-Community, dieses Miteinander nicht nur während den PrideWeeks zu leben, sondern Fatishaming, die Fetischisierung einzelner Menschen sowie Rassismus das ganze Jahr lang keinen Raum zu geben. Haltet als Community zusammen!

Damit Vorurteile auch in der Community abgebaut werden können und jeder Teil unserer Gemeinschaft bestärkt wird, fordern wir mehr Angebote für queere Identitäten, die über LGBT* (lesbisch, schwul, bi und trans*) hinausgehen, denn Queer-Sein bedeutet Vielfalt! Und in dieser Vielfalt müssen wir und die gesamte Queer-Community München immer auch Überschneidungen mit den Themen People of Color, migrantischen Biografien, People of Color, soziale Herkunft, Fluchterfahrungen, Religion, Geschlechtergerechtigkeit, Rosa im Alter und jegliche Arten von Behinderung mitgedacht werden. Nur so können wir alle Farben des Regenbogens zum Leuchten bringen anstatt nur weiß zu sein!

Der Schutz unserer farbenfrohen Gemeinschaft darf allerdings nicht nur einzelnen zukommen, und so muss die Bundesregierung endlich stärker für den Schutz von queeren Geflüchteten eintreten, ganz egal, ob die Verbote queere Handlungen im Herkunftsland einer geflüchteten Person strafverfolgt werden oder nicht. Schlussendlich ist es gleich, ob die Verfolgung queere Personen durch einen Staat oder die Gesellschaft geschieht – für die Sicherheit queerer Geflüchteter muss gesorgt werden!

Um dem Schutzbedürfnis von LGBTIAQ*-Personen Ausdruck zu verleihen, müssen sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität auch im Grundgesetz endlich auf einer Ebene mit Merkmalen wie Geschlecht, Herkunft und politischer Gesinnung stehen – unsere Bedürfnisse sind nicht zweitrangig! Und auch auf Landesebene fordern wir endlich die Ausarbeitung eines Landesaktionsplans gegen Queerfeindlichkeit, wie sie in der Petition des SUB beschrieben wird, damit unser Schutz endlich stärker auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene repräsentiert wird. Dieser Schutz nicht nur durch den Staat, sondern auch vor den staatlichen Vertretern, welche in den vergangenen Jahren oft missachtet wurde, muss durch Schulungen aller Mitarbeiter*innen des öffentlichen Bereichs (insbesondere von Polizist*innen, Richter*innen und Mitarbeiter*innen der öffentlichen Verwaltung) gewährleistet werden. Wir sind keine Bürger*innen zweiter Klasse und verdienen den gleichen Respekt wie unsere Mitbürger*innen.

Besonders auch bei der Familiengründung besteht noch viel Aufholbedarf, denn weiterhin beinhalten Geburtsurkunden die Spalten „Mutter“ und „Vater“. Spätestens seit der Ehe für Alle muss eine Familie jedoch nicht länger aus einem Kind mit einem Vater und einer Mutter bestehen, und daher fordern wir das Ersetzen dieser Spalten durch „Elternteil 1“ und „Elternteil 2“, sodass queere Eltern endlich der gleiche Status zukommt, welcher dem Rest unserer Gesellschaft bereits zusteht.

Bis heute ist dieses Gleichgewicht auch in der Arbeitswelt noch nicht gegeben. Wir fordern, dass die strukturelle Benachteiligung von queeren Personen, bspw. bei ihrer Bezahlung und ihren Chancen auf Einstellung, stärker untersucht wird und Maßnahmen gegen diese Diskriminierung getroffen werden.

Im Jahr 2022 hat es die queere Community endlich auch in die Mainstream-Medienlandschaft geschafft. Wenn auch die Exotisierung von LGBTIAQ*-Charakteren immer mehr ein Ende nimmt, fordern wir weiterhin einen respektvollen Umgang mit queerer Kultur und queeren Personen, bei dem nicht nur Gewinnmaximierung im Mittelpunkt steht, sondern auch der LGBTIAQ*-Community etwas zurückgegeben wird. Unsere Community ist kein Markt aus dem möglichst viel Geld geschöpft werden darf, vielmehr sind wir eine Gemeinschaft, die Respekt und Anerkennung verdient!

Die PrideWeeks sind in vollem Gange und die deutsche Gesellschaft blickt für einen kurzen Moment auf unsere Community und unsere Bedürfnisse. Doch es liegt nicht nur an der nicht-queeren Gesellschaft, mehr für LGBTIAQ*-Personen zu tun. Als Gesellschaft müssen wir alle unseren Beitrag leisten, um heute ein besseres Morgen zu schaffen, um die Benachteiligten unter uns zu stützen und ihnen auf ihre eigenen Beine zu helfen, um wieder mehr zu einem Wir zusammenzuwachsen. Der CSD ist politisch wie nie, und so lasst uns gemeinsam als queere Menschen und als Allys für eine Zukunft kämpfen, in der wir alle sein können, wer wir wollen. LESS ME, MORE WE!